Markenstimme entwickeln: Leitfaden für eine unverwechselbare Brand Voice

Warum Marken eine Stimme brauchen – und zwar Ihre

Stellen Sie sich vor, Ihre Marke hätte einen Auftritt auf einer Bühne – wie würde sie klingen?

Freundlich und aufgeschlossen?

Seriös und souverän?

Oder humorvoll mit einem Augenzwinkern?

Die Art und Weise, wie Ihre Marke spricht, entscheidet maßgeblich über ihre Wirkung. Eine unverwechselbare Markenstimme – im Englischen als Brand Voice bekannt – ist weit mehr als ein kosmetisches Detail: Sie ist das Fundament für Wiedererkennung, Vertrauen und emotionale Bindung. Genau darum geht es in diesem Leitfaden: Sie lernen, wie Sie Ihrer Marke eine klare Stimme geben – und wie Sie diese konsequent in Ihrer Content-Strategie verankern.


Was ist eigentlich eine Markenstimme?

Ganz einfach gesagt: Die Markenstimme ist Ihre sprachliche Persönlichkeit.

Ob Website, Social Media, Kundenservice oder Newsletter – Ihre Marke spricht ständig. Und dabei sollte sie immer wiedererkennbar bleiben. Wie ein guter Freund, den man auch am Telefon sofort erkennt.

Dabei unterscheidet man:

  • Voice: die konstante Persönlichkeit der Marke
  • Tone: die situationsabhängige Stimmung dieser Stimme

Ein Beispiel: Ihre Marke ist grundsätzlich locker und nahbar (Voice), kann aber in einer Krisenkommunikation trotzdem ernst und empathisch klingen (Tone).


Die eigene Markenstimme entwickeln – Schritt für Schritt

1. Wer sind Sie – und wie wollen Sie klingen?

Beginnen Sie mit einem Blick nach innen:

  • Welche Werte treiben Ihre Marke an? (z. B. Zuverlässigkeit, Innovation, Nachhaltigkeit)
  • Welche Haltung vertreten Sie – mutig, sachlich, verspielt?

Tipp: Stellen Sie sich Ihre Marke als Person vor. Welche drei Adjektive würden sie beschreiben?

Beispiel: „Unsere Marke ist inspirierend, zugänglich und pragmatisch.“

2. Sprechen Sie die Sprache Ihrer Zielgruppe

„Technologiekompetenz, disruptiv, skalierbar“ – so spricht vielleicht Ihr Produktteam, aber nicht Ihre Kunden. Gute Markenkommunikation übersetzt Fachsprache in Nutzersprache.

Fragen Sie sich:

  • Wie spricht meine Zielgruppe im Alltag?
  • Wie will sie angesprochen werden – per „Sie“ oder „du“?
  • Welche Tonalität herrscht in der Branche – und wollen wir uns bewusst davon abheben?

Beispiel: Ein junges Fintech kann sich mehr Wortwitz leisten als ein Notar – aber beide brauchen Klarheit und Vertrauen.

3. Die richtigen Worte finden – und unpassende vermeiden

Ein praktischer Schritt: Erstellen Sie ein kleines Markenwörterbuch.

Erlaubt:

  • partnerschaftlich, klar, verantwortungsvoll
    Tabu:
  • billig, revolutionär, hypermodern (zu reißerisch)

So stellen Sie sicher, dass alle im Team die gleiche Sprache sprechen – vom CEO bis zur Werkstudentin im Social Media.


Die Markenstimme in Ihrer Content-Strategie verankern

Jetzt geht’s ans Eingemachte: Ihre Markenstimme soll nicht nur auf dem Papier glänzen, sondern in jedem Touchpoint erlebbar werden.

1. Ein Styleguide, der wirklich hilft

Viele Styleguides enden bei Farbwerten und Logoabständen. Aber die besten Marken geben auch sprachliche Leitplanken vor:

  • Wie werden Headlines formuliert?
  • Welche Begriffe sind erlaubt – und welche nicht?
  • Wie klingt eine typische Social-Media-Antwort?

Pro-Tipp: Arbeiten Sie mit Beispielen. Nichts erklärt Tonalität besser als ein Vorher-Nachher-Vergleich.

2. Content-Formate im Markenton schreiben

Ob Blogartikel, Case Study oder Meta Description: Überlegen Sie bei jedem Textformat, wie Ihre Markenstimme darin zum Tragen kommt.

  • Ein Blogartikel darf gerne erzählen – aber nicht plaudern, wenn Ihre Marke für Präzision steht.
  • Ein Produkttext darf verkaufen – aber nicht aufdringlich wirken, wenn Ihre Marke auf Augenhöhe kommuniziert.

Kurz: Lassen Sie Ihre Markenstimme in jedem Format aufleuchten – dezent, aber spürbar.

3. Konsistenz ist kein Zufall

Ihr Marketing schreibt anders als der Support? Ihr Newsletter duzt, aber die App siezt? Willkommen im Kommunikationschaos.

Ein konsistenter Auftritt entsteht nur, wenn:

  • alle Beteiligten denselben Ton verstehen
  • Guidelines zugänglich und verständlich sind
  • regelmäßig überprüft wird, ob Inhalte stimmig sind

Beispiele aus der Praxis: Was gute Markenstimmen ausmacht

SituationGute Lösung (Markengerecht)Schlechte Lösung (neutral oder beliebig)
Fehlermeldung in App„Hoppla, da ist was schiefgelaufen. Wir kümmern uns!“„Fehler 404 – Seite nicht gefunden“
Bestellbestätigung per Mail„Klasse! Ihre Bestellung ist unterwegs.“„Ihre Bestellung wurde bestätigt.“
Social-Media-Kommentar„Danke, dass Sie uns schreiben – wir schauen uns das an.“„Wir haben Ihre Nachricht erhalten.“

Fazit: Ihre Stimme macht Ihre Marke

Eine starke Marke ist mehr als ein Logo. Sie hat eine Haltung – und eine Stimme, die diese Haltung hörbar macht. Wenn Sie diese Stimme gezielt entwickeln, pflegen und anwenden, wird Ihre Kommunikation klarer, konsistenter – und einprägsamer.

In Teil 2 dieser Serie erfahren Sie, wie Sie Ihre Markenstimme in UX Writing und Microcopy überführen – für ein einheitliches Markenerlebnis in jedem Klick und jedem Buttontext.


Extra-Tipp zum Mitnehmen:
Nutzen Sie den Schwung aus diesem Artikel und erstellen Sie Ihr erstes „Tone-of-Voice-Memo“: Drei Adjektive, ein typischer Satz im Markenton, eine Liste verbotener Wörter. Klein anfangen – Wirkung groß.